Lasst uns Löwen spielen!

Ihr kennt mich ja. Ich halte viel von meinem Beruf. Ich glaube, der kann einiges. Sich in andere einfühlen, sie immitieren und das Ergebniss öffentlich zur Diskussion stellen wirkt regulierend, empathifördernd, integrativ, anregend und inspirierend zugleich. Im allerbesten Fall, na klar, aber die gibt's gar nicht so selten, die guten Fälle. Nun wurden Anfang der Woche Richtlinien von den Amazon Studion veröffentlicht (die taz berichtete, andere auch) die vorsehen, Schauspieler sollen vor allem das darstellen, was sie "in Echt sind". Zitat: „Es sollen nur noch Schauspieler engagiert werden, deren Identität (Geschlecht, Geschlechtsidentität, Nationalität, Ethnizität, sexuelle Orientierung, Behinderung) mit den Figuren, die sie spielen, übereinstimmt." Und das führt natürlich nicht nur unseren Beruf ad absurdum, es ist auch das absolute Gegenteil von divers.

Denn, liebe Leute von Amazon, wer sollte denn die echte, die gute Diversität, die, ganz ohne Frage für uns alle nur eine Bereicherung sein kann, besser unter das Volk bringen, als wir?! Die Schauspieler. Die vorführen, dass man eben ALLES ! sein kann. Hautfarbe, Geschlecht, BMI, Nasenform, Körbchengröße usw., all das kann Menschen einschränken. Oder eben nicht! Weil sie sich darüber hinweg setzten. Indem sie behaupten, das zu sein, was sie gerne sein WOLLEN. Und es sich, natürlich, auf diese Weise auch manifestiert.

Meine POC Kollegen z. B. kämpfen seit Jahren darum, eben NICHT immer darauf reduziert zu werden, POC darzustellen. Ich kämpfe darum, nicht immer nur die Mutter/Karrierefrau/Lehrerin zu spielen. Weil es langweilig ist. Und wir der Welt nichts hinzufügen, wenn wir immer nur Stereotype bemühen. Wie absurd die Mutterrolle z. B. ist, wird viel deutlicher, wenn, sagen wir mal, ein älterer Herr sie übernimmt. Oder ein junger Mann? Schon die Vorstellung macht deutlich, was das bringt. Viel. Eine ganz neue Perspektive auf das, was wir Müttern zumuten. Derzeit wird (ich meine vom ZDF ?) ein Film produziert, bei dem ein komplett dunkelhäutiger Cast historische Persönlichkeiten darstellt, die "in Echt" alle weiss waren. Finde ich gigantisch. Und hat nichts mit "Geschichtsklitterung" zu tun. Es ist ein Kunstgriff, der deutlich macht, was hätte sein können. Und schon weiss man, wie es in Zukunft besser geht.

Besetzung, da wird mir jede(r) Caster:in zustimmen, ist Teil der Kunst. Jeh weiter, wilder und freier damit umgegangen wird, desto mehr Möglichkeiten tun sich auf. DAS ist die eigentliche Kraft unseres Berufs. Und die Chance von Diversity. Alles andere ist keine Diversity. Sondern irgendwas falsch verstandenes, von dem kaum was Gutes ausgehen kann. Ich hoffe, die Amazon Studios haben es nicht so gemeint. Und machen den Sack wieder auf. Für uns Schauspieler. Und alle anderen. Lasst uns den Löwen auch noch spielen!

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Toxische Netzwerke. Alle aussteigen, der nächste Krieg wird online angezettelt. Wir müssen da raus!

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